Marktl Ranshofen Altötting Neuötting Braunau am Inn Simbach am Inn


Wo der berühmte Orientexpress Halt machte!

Die Bahnstrecke von Mühldorf nach Simbach / Braunau am Inn und weiter nach Linz hat eine geschichtsträchtige Vergangenheit. Weil diese Eisenbahnverbindung die kürzeste Verbindung zwischen den Städten Wien und München darstellt, nahm unter anderem der Orient-Express (Paris - Wien - Konstantinopel) zwischen 1883 und 1897 diese Routeund musste am BahnhofSimbach am Inn Halt ma-chen, um die Formalitäten des Grenzübertritts zu erledigen. In neuerer Zeit nimmt der Fernverkehr den weiteren Weg über Salzburg, da diese Strecke besser ausgebaut und vollständig elektrifiziert ist, zudem der Großraum Salzburg als Verkehrsknoten angesteuert wird.

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Die Eisenbahn kommt nach Simbach am Inn

Am 24. September 1863 fiel im Bay. Landtag die Entscheidung, dass „der Bau einer Eisenbahn in gerader Linie nach Osten, also auf kürzestem Wege über Öttingan die österreichische Grenzegebaut werden soll, und zwar nach Simbach - Braunau, wenn dort ein Anschluss in rein östlicher Richtung zur Kaiserin-Elisabeth-Bahn zu erzielen sein wird, indem diese Richtung als die vorzüglichste betrachtet werden muss“. Im Laufe der Planung konnte sich allerdings Mühldorf durch die günstigere geografische Lage beim Streckenbau durchsetzen. Beeinflusst wurde diese Entscheidung auch durch die billigeren Baukosten gegenüber der Strecke durch das Rottal.

Die Bahnstrecke über Simbach nach Österreich war somit die kürzeste Verbindung von München nach Wien. In Zahlen bedeutete dies in jenen Jahren eine Zeitersparnis von 13,5 Stunden gegenüber der München-Salzburger-Bahn, die durch zahlreiche Steigungen und Krümmungen für den Personen- und Güterverkehr oftmals Schwierigkeiten bot und stark überlastet war. Demnach war der Neubau auch als Entlastung dieser Route gedacht.

Die Eisenbahn veränderte den kleinen Ort Simbach am Inn gewaltig. Der große Inn wurde in ein festes Bett verwiesen, großflächige Aufschüttungen schufen das Bahngelände. Der Eisenbahndamm wurde errichtet. Der bis dato noch existierende „kleine Inn“ verschwand im Zuge der baulichen Entwicklung, erst jetzt konnte auch die Innstraße zur Bebauung freigegeben werden.

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Simbach wird Eisenbahnerstadt

Der 1. Juni 1871 war für die Simbacher ein besonderer Tag. Ab diesem Donnerstag gab es nämlich eine durchgehende Eisenbahnverbindung von Simbach nach München. Die Zugfahrt in die Isar-Metropole dauerte rund fünf Stunden. Für damalige Verhältnisse war es eine enorme Zeiteinsparung und eine atemberaubende Geschwindigkeit, mit der die Distanz nach München überwunden wurde. Die 124 Kilometer lange Fahrt nach München kostete 1874: 4,22 Mark für die 3. Klasse, 6,57 Mark für die 2. Klasse und 9,92 Mark für die 1. Klasse.

Mit der Bahn kam auch die wirtschaftliche Entwicklung Simbachs in Gang. Die Bevölkerung wuchs und Zug um Zug siedelte sich auch Gewerbe an. Nach Fertigstellung der Bahnlinie wurden viele Bedienstete der Eisenbahn hier stationiert. Sie brachten Geld in den Ort und sorgten so für einen Aufschwung. Nicht zuvergessen sind die zahlreichen Reisenden, die Halt machten, sich in den Gaststätten verköstigten und so auch ihren Teil zum Aufstieg der Gemeinde am Inn beisteuerten.

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Internationales Flair in Simbach am Inn: Kaiserlicher Besuch

In den neuen prächtigen Grenzbahnhof kam internationales Flair, als ab Mai 1883 der Orient-Express zweimal in der Woche in Simbach einen Zwischenstopp einlegen musste. Für den Eisenbahnerort Simbach bedeutete dies abermals eine enorme Aufwertung auf Zeit. Nachdem die doppelgleisige Strecke München - Salzburg fertiggestellt wurde, bekam Salzburg als Grenzübergang den Vorrang. Bis 1897 fuhr dieser Zug durch Simbach am Inn.

Zu den wohl bekanntesten Gästen auf der Bahnstrecke zählte Kaiserin Elisabeth von Österreich, die am 30. April 1888 vormittags nebst Gefolge und einem Extrazug von Baden-Baden nach einem kurzen Aufenthalt den Simbacher Bahnhof in Richtung Wien passierte. Am 4. Oktober desselben Jahres kam um 1 Uhr nachts der Deutsche Kaiser Wilhelm II. in die Grenzgemeinde. Der Hofzug fuhr nach einem viertelstündigen Aufenthalt weiter zu einem Besuch des österreichischen Kaiserpaares. Der Bahnsteig war für das Publikum an diesem Abend gesperrt.

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Die alten Bahngebäude heute – angesagt und trendy

Nachdem nach 1945 Mühldorf als zentraler Betriebsbahnhof Simbach ablöste, wurden Simbachs Bahnanlagen rückgebaut und verschwanden nach und nach. Lediglich das riesige Bahnhofsgebäude, die alten Eisenbahner-Wohnungen „In der Schacht“am anderen Ende der Bahnhofsallee mit ihren stolzen Platanen und die ehemalige Waggonausbesserungshalle, der restaurierte „Lokschuppen“, geben die alte Pracht und Stärke wieder. Kleinkunst und Musiker ersten Ranges, Veranstaltungen wie die Pfingstdult und die Gastronomie und Partyszene machen den Lokschuppen zum Magneten mit 100 Kilometern Einzugskreis.

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Die Eisenbahn folgt dem Inn

Die Weiterführung der Bahnlinie von München nach Mühldorf geschieht im Streckennetz der Südostbayernbahn entlang des Unteren Inns mit Haltestellen in Töging, Neuötting, Marktl, Julbach nach Simbach am Inn.

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Die Verbindung nach Neuötting

Wegen seiner Nähe zu dem viel besuchten Wallfahrtsort Altötting wurde der in dem kleinen Dorf Eisenfelden gelegene Bahnhof Neuötting mit einem sehr großzügigen Empfangsgebäude ausgestattet. Es sollte damit das zu erwartende hohe Fahrgastaufkommen bewältigt werden. Neuötting war Sitz einer Bahnmeisterei mit Wasserstation. Als Expedition I. Klasse hatte der Standort zudem ein Kreuzungs- und Überholgleis. Im Jahr 1934 erhielt Neuötting eine Kleinlok. Bis in die 1970er Jahre gab es keine Änderungen mehr. In diesem Jahrzehnt erfolgte allerdings der Rückbau des eindruckvollen Bahnhofs zu einer unbesetzten Haltestelle und führte den schrittweisen Niedergang des Abschnittes Mühldorf - Simbach in den nachfolgenden Jahren vor Augen.

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Dampfstraßenbahn zwischen Neuötting und Altötting

35 Jahre lang hat es gedauert, bis zwischen Neu- und Altötting eine Bahn von fast 3 km Länge gebaut wurde. Am 16. August 1906 wurde eine schmalspurige Dampfstraßenbahn feierlich eröffnet, die vom außerhalb liegenden Bahnhof Neuötting / Eisenfelden nun direkt in die Stadt hinein führte. Nach der Isenflutbrücke erreichte sie die neu erbaute steinerne Marienbrücke über den Inn und führte weiter zum Halteplatz Spital. Nachdem der Stadtberg erklommen wurde, ging es in einer weiten Linkskurve auf einen Damm in Richtung Pfarrkirche, um sogleich nacheiner scharfen Rechtskurve den Stadtplatz zu erreichen. Die Idee einer Elektrifizierung scheiterte an den Kosten. Die Strecke wurde 31. März 1930 eingestellt wegen geringer Auslastung und der Wirtschaftskrise der 1920er Jahre. Die Dampfstraßenbahn galt aber als eine kleine Sensation.

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Lokalbahn nach Altötting: der „Pilgerzug”

Die Bahnlinie von Mühldorf nach Altötting beeinflusste letztlich die Entwicklung der Wallfahrt überaus positiv und ermöglichte neue Formen von Pilgerfahrten in das „Herz Bayerns“. Die Nachfrage war bereits kurz nach der Eröffnung am 1. Mai 1897 während der Pfingstfeiertage so stark, dass neben den planmäßigen Zügen mehrere „Extrazüge“ eingesetzt werden mussten. Schon im 4. Betriebsjahr (1900) wurde die Bahnlinie nach Altötting mit 409.374 Fahrgästen zur „frequentesten und rentabelsten Lokalbahnstrecke Bayerns“. Der starke Zustrom großer Wallfahrergruppen erforderte schließlich sogar den Bau der fast 7.000 Menschen fassenden St. Anna-Basilika (1910-12). Bis in unsere Tage hat die Altöttinger „Lokalbahn“ ihre besondere Bedeutung für den Pilgerverkehr und die Anbindung der Region an die Landeshauptstadt bewahrt. Trotz des modernen Individualverkehrs wählen immerhin noch 20.000 Wallfahrer den Zug oder Pilgersonderzug als Transportmittel!

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Lokalbahn von Simbach am Inn nach Pocking

Am 29. Oktober 1910 wurde zwischen Simbach und Rotthalmünster das erste Teilstück der Verbindung Simbach – Pocking eröffnet. Ein Jahr später, am 1. Mai 1911, fuhr die Bahn bereits bis nach Kößlarn, ehe am 1. Dezember 1914 mit der Fertigstellung der Strecke Tutting - Pocking ein direkter Anschluss nach Passau hergestellt werden konnte. Somit bestand ab diesem Zeitpunkt eine direkte Verbindung mit der Rottalbahn (Passau - Pocking - Pfarrkirchen - Neumarkt) und der Bahnstrecke Simbach - Rotthalmünster - Kößlarn - Tutting - Pocking. Die neue Bahnlinie verlief in Simbach zunächst parallel zur Hauptstrecke nach Österreich, bevor sie nach Überquerung der Innstraße und des Simbach in nordöstlicher Richtung auf Erlach zuführte. Auf Höhe Kreuzberg ging die Strecke in eine Steigung und erreichte kurz nach dem Viadukt den Haltepunkt Erlach, der am 1. Juli 1913 eröffnet wurde. Besonders in den Kriegsjahren wurde diese Steigung den Lokomotiven oft zum Verhängnis. Beladen mit schwerem Kriegsgerät schafften die Dampfrösser die Anhöhe nicht – es musste noch einmal Anlauf genommen werden oder eine zweite Lok half beim Schieben, so schilderten es zumindest Zeitzeugen jener Tage. Nach Erreichen der Hochebene führte die Linie weiter bis Kilometer 5,3 zur Haltestation Prienbach. Nach weiteren fünf Kilometern erreichte man den Ort Ering und dann die Bahnhöfe Malching, Aigen und Tutting. Allerdings lagen diese bereits außerhalb des heutigen Landkreises Rottal/Inn. Der 1. Juni 1969 war ein schwarzer Tag für die Lokalbahn. Nach gerade mal 53 Jahren, sechs Monaten und einem Tag wurde der Betrieb der Bahnlinie Simbach – Pocking eingestellt. Während der Haltepunkt Erlach lediglich eine kleine Unterstellgelegenheit war, war die Bahnstation Prienbach mit einem Eisenbahnwärter besetzt und es gab ein von zwei Seiten befahrbares Ladegleis. In Ering befanden sich neben einem Kreuzungsgleis auch noch zwei Abstellgleise für die Innwerke, deren Anschlussnahe der Haltestelle abzweigte. Die Station Tutting wurde nach der Eröffnung zum Bahnhof ausgebaut. 1942 kam noch eine Abzweigung nach Egglfing zum Innwerk dazu, um das Baumaterial liefern zu können. Den größten Ansturm erlebte die Bahn dort während des Krieges durch den nahegelegenen Fliegerhorst und nach Kriegsende bis 1955 mit den vielen Flüchtlingen im Lager Pocking - Waldstadt. 1960 wurde der Reisezugbetrieb nach Kößlarn eingestellt. Auf der Trasse wurde im August 2002 ein Radweg nach Rotthalmünster eröffnet.

Die Haltepunkte Erlach und Prienbach sind heute überbaut, nur noch wenig erinnert an die Zeit der Eisenbahn. Der Bahndamm in Simbach auf Höhe Kreuzberg wurde 1979 ab dem Viadukt (noch vorhanden) abgetragen. Der Rest der Strecke wurde noch lange als Abstellgleis für Güterwaggons benutzt. Wo einst die Eisenbahnbrücke über den Prienbach führte, sind heute Radfahrer gemütlich unterwegs. Und selbst als Badegast in Ering kann man sich es kaum vorstellen, dass vor einigen Jahrzehnten durch diese Erholungsanlage der Zug nach Malching rollte. Dennoch, vielen ist sie in guter Erinnerung geblieben, jene Zeit, als in unserer Heimat noch Dampflokomotiven fuhren.

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Blick zu den österreichischen Nachbarn

Nach Überquerung der Eisenbahnbrücke über den Inn erreicht man bald den Bahnhof Braunau. Hier beginnt die Strecke nach Neumarkt - Kallham. Die Nebenbahn nach Steindorf bei Straßwalchen zweigt auf freier Strecke beider „Abzweigung Mining 1“ ab. Bis spät in die 1960er Jahre herrschte auf dem Bahngelände noch Dampfbetrieb, während sich von Mühldorf kommend nur noch selten Dampflokomotiven nach Simbach verirrten. Anders war es hingegen in Braunau. Obwohl es hier auch ab 1965 Schienenbusse gab, wurden immer noch dampfbetriebene Reisezüge auf den Strecken geführt. Erst im Jahr 1972 schlug auch in Braunau die letzte Stunde der schwarzen Ungetüme. In Braunau gibt es heute noch eine Anschlussbahn in das 5,7 km entfernte Ranshofen, die seit 1940 bestand. Diese Strecke führte zu den „Vereinigten Aluminium-Werken“, heute AMAG.

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